Wie Menschen mit verschiedenen Bindungsstilen sich auch beim Empfinden von Ekel unterscheiden

12.04.2023 | Lesezeit: 11 min

Diese Studie wurde im englischen Originaltext in der Zeitschrift “Journal of Applied Social Psychology” veröffentlicht, und zwar in der Ausgabe 2022/10. Die Autoren sind Amy Shell und Mehmet K. Mahmut (Department of Psychology, Food, Flavor and Fragrance Lab, Macquarie University, Sydney, Australia) sowie Anna Blomkvist (Department of Psychology, Stockholm University, Stockholm, Sweden).

Den Originaltext habe ich übersetzt, gekürzt und geglättet, so dass er (hoffentlich) auch für psychotherapeutische Laien gut verständlich ist.

Zusammenfassung

Umfangreiche Forschungsarbeiten haben gezeigt, wie der eigene Bindungsstil romantische Beziehungen beeinflusst. Ekel wiederum ist ein Konstrukt, das sich mit dem Bindungsstil überschneidet, da es ja bei beiden Themen darum geht (oder gehen kann), ein bestimmtes Verhalten zu vermeiden. Bisher wurde allerdings nicht erforscht, wie der eigene Bindungsstil und Ekel zusammenhängen und wie beides die Intimität – oder auch das Vermeiden von Intimität – in romantischen Beziehungen beeinflussen kann.

In dieser Studie wurde daher untersucht, in welcher Weise der Bindungsstil von Personen die Bewertung von Ekel beeinflusst. Der Ekel wurde gemessen, indem acht verschiedene Quellen von Körpergeruch des Partners (oder des Ex-Partners) bewertet werden sollten. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Bewertung, wie eklig jemand den Körpergeruch des Partners wahrnimmt, je nach Bindungsstil unterscheidet: Insbesondere die Studienteilnehmer mit einem unsicher-vermeidenden Bindungsstil bewerteten den Körpergeruch ihres Partners signifikant ekelerregender als die Teilnehmer mit anderen Bindungsstilen.

Darüber hinaus fanden Teilnehmer mit einem unsicher-vermeidenden Bindungsstil den Körpergeruch ihres Partners und den Körpergeruch von Fremden gleich unangenehm, während die Teilnehmer der anderen Bindungsgruppen den Körpergeruch von Fremden schlimmer fanden als den ihres Partners.

Bindungsstile

Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen, das mit dem grundlegenden Bedürfnis nach Zugehörigkeit geboren wird. Dieses Bedürfnis motiviert uns, soziale und romantische Beziehungen zu suchen und zu pflegen. Ob es sich dabei eher um das Bedürfnis nach Zugehörigkeit handelt oder eher um das Bedürfnis nach Verbundenheit – das interessiert die Forscher seit Jahrzehnten. Einige grundlegende Forschungsfragen sind jedoch nach wie vor rätselhaft, z. B. inwieweit solch eine  zentrale Emotion wie Ekel zusammenhängen könnte mit dem Bindungsverhalten zwischen Menschen.

Die Bindungstheorie wurde erstmals von John Bowlby entworfen, der die Theorie aufgestellt hat, dass die physische Nähe zur primären Bezugsperson eine Basis der Geborgenheit darstellt und einen sicheren Hafen für das Kind. Bowlby beschrieb diese Art von Beziehung als Bindungssystem: die primäre Betreuungsperson des Kindes wird zu seiner Bezugsperson, an die es sich in Notlagen wendet. Die Art und Weise, WIE die Bezugsperson auf die Notrufe des Kindes reagiert, bestimmt nun, wie das Kind etwas über seinen eigenen Selbstwert lernt. Und darüber, wie vertrauenswürdig andere sind, wie andere für das Kind sorgen, es beschützen und lieben. Die Unterschiede im WIE, also in diesen Reaktionen der Bezugsperson, führen wiederum zu verschiedenen Verhaltensweisen des Kindes, wenn es nach einer stressigen Situation erneut mit der Bezugsperson zusammenkommt.

Diese Verhaltensweisen, die man sehr gut beobachten kann, machen es möglich, sog. Bindungsstile zu identifizieren. Bindungsstile werden als relativ stabil definiert und in einem Vier-Kategorien-Modell beschrieben: (a) sicher, (b) unsicher-vermeidend, (c) unsicher-ambivalent und (d) unsicher-desorganisiert.

Wird jemand erwachsen, entwickelt die Person – ähnlich wie zur primären Bezugsperson – eine Bindung zu einem romantischen Partner, der dann zur Bezugsperson und zum sicheren Hafen wird. Die Forschung hat gezeigt, wie die unterschiedlichen elterlichen Reaktionen in Stresssituationen zu dauerhaften mentalen Mustern führen können, die bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben und künftige Beziehungen beeinflussen. Diesen Zusammenhang zwischen den Erfahrungen in der frühen Kindheit einerseits und den Bindungsstilen im Erwachsenenalter andererseits konnte man in 62 Kulturregionen beobachten. Bemerkenswert ist auch, dass diese Bindungsstile das Verhalten in romantischen Beziehungen erheblich beeinflussen können – im Guten wie im Schlechten. Das heißt, dass Personen mit unsicheren Bindungsstilen schlechtere Beziehungserfahrungen haben als Personen mit sicheren Bindungen.

Kinder, die abweisende und eher vernachlässigende Eltern erleben, neigen zu einem unsicher-vermeidenden Bindungsstil. Als Erwachsene misstrauen sie eher anderen Menschen und vermeiden Intimität oder Verletzlichkeit. Darüber hinaus haben sie in der Regel eine negative Einstellung gegenüber anderen Menschen und glauben, dass niemand sie unterstützen wird und dass Beziehungen schmerzhaft sind. Sie haben in der Regel weniger Beziehungspartner und berichteten in einer Längsschnittstudie häufiger über die Beendigung ihrer aktuellen Beziehung.

Wenn Kinder widersprüchliche Reaktionen ihrer Eltern erleben, zeigen sie einen unsicher-ambivalenten Bindungsstil. Im Erwachsenenalter neigen diese Personen dazu, sich selbst negativ zu sehen – wahrscheinlich weil sie früh gelernt haben, dass Beziehungen unsicher sind. Das führt dazu, dass sie besonders empfindlich auf Ablehnung reagieren. Außerdem sind sie in der Regel in hohem Maße von ihrer Bezugsperson abhängig, weil sie nicht gelernt haben, sich selbst zu beruhigen, wenn sie gestresst sind. Obwohl sie einen großen Wunsch haben, sich auf eine langfristige Beziehung einzulassen, berichten Menschen mit einem ambivalenten Bindungsstil nicht über ein größeres Engagement in romantischen Beziehungen.

Eine letzte unsichere Gruppe wurde als unsicher-desorganisierter Bindungsstil identifiziert. Wenn Eltern auf die Notrufe ihrer Kinder in bedrohlicher oder unangepasster Weise reagieren, neigen diese Kinder dazu, eine unsicher-desorganisierte Bindung zu entwickeln. Im Erwachsenenalter neigen diese Menschen dazu, negative Ansichten sowohl über sich selbst als auch über andere zu haben. Sie zeigen zum einen eine ähnliche soziale Unsicherheit und ein ähnlich geringes Selbstwertgefühl wie die unsicher-ambivalente Gruppe es hat. Sie haben zum anderen auch die gleichen Schwierigkeiten, sich auf andere zu verlassen und ihnen nahe zu kommen, wie die unsicher-vermeidende Gruppe.

Wenn die Eltern hingegen unterstützend wirken und auf die Notrufe ihrer Kinder reagieren, entwickeln diese Kinder als Erwachsene einen sicheren Bindungsstil und vertrauen darauf, dass man sich auf die Unterstützung anderer verlassen kann. Diese Personen haben im Erwachsenenalter ein positives Bild sowohl von sich selbst als auch von anderen, neigen zu einer längeren Beziehungsdauer und haben mehr Erfolg bei der Anbahnung romantischer Beziehungen als Menschen mit unsicheren Bindungsstilen.

Bindung und Körpergeruch

Es wird angenommen, dass Bindungen durch den Geruchssinn aktiviert werden, insbesondere durch das Riechen von Körpergerüchen. Zum Beispiel haben Teilnehmer in einer anderen Studie an einem Kleidungsstück ihres Partners gerochen, der in diesem Moment nicht bei ihnen war. So war es den Teilnehmern möglich, die Erfahrung von Körperkontakt zu simulieren, die real nicht möglich war.

Körpergerüche können aber nicht nur das Bindungssystem ansprechen, sondern auch nützlich sein, um den eigenen Gesundheitszustand zu bewerten und folglich verschiedene Verhaltensweisen zu vermeiden. Darüber hinaus können Körpergerüche die aufmerksame Nase über verschiedene romantische Partnerschaftsdaten informieren: z. B. über die Gesichtssymmetrie, über den Beziehungsstatus und über die reproduktive Fitness von Frauen. Dadurch können Hinweise zum Körpergeruch auch unsichtbare Signale für die Immunfunktion und den Beziehungsstatus eines Individuums sein.

Ekel und Körpergeruch

Eine weitere wichtige Reaktion von Körpergerüchen (insbesondere von unangenehmen) ist Ekel. Ekel, der durch Körpergeruch hervorgerufen wird, bezieht sich nicht nur auf den unangenehmen Geruch als solchen, sondern kann auch aufschlussreich in Bezug auf Krankheiten sein. So werden beispielsweise die Körpergerüche von kranken Personen ekliger empfunden als Körpergerüche von gesunden Personen. Forscher haben diese Erkenntnisse als unser Verhaltensimmunsystem bezeichnet. Im Rahmen dieses Verhaltensimmunsystems beeinflussen die unangenehmen Körpergerüche anderer Menschen uns dahingehend, potenziell infektiöse Geschöpfe zu meiden.

Das Verhaltensimmunsystem ist ein Teil des biologischen Immunsystems, der Infektionen durch bestimmte Verhaltensweisen verhindert. Da Ekel eine sehr starke und unwillkürliche Vermeidungsreaktion auf eine potenzielle Bedrohung ist, wird er oft beschrieben als ein Mechanismus zur Krankheitsvermeidung – und damit als Teil des Verhaltensimmunsystems. In einer Studie wurde beispielsweise vom selben Mann einmal ein unverändertes Bild gezeigt und einmal ein Bild, das man so manipuliert hatte, dass er krank aussah. Studienteilnehmer bewerteten das manipulierte Bild deutlich ekelerregender als das unveränderte Bild desselben Mannes. Das verdeutlicht, wie Krankheitshinweise Ekel hervorrufen können, um den Kontakt zu vermeiden und schließlich eine Ansteckung zu verhindern.

Menschen, denen es nur eingeschränkt möglich ist, abstoßende Reize zu erkennen, wenden häufig alternative Methoden an, um potenzielle Bedrohungen zu identifizieren. Personen ohne Geruchssinn beispielsweise kompensieren ihre verminderten Fähigkeiten, Krankheiten zu riechen und zu vermeiden, durch verfeinerte Methoden, Ekel bei anderen zu erkennen. Und obwohl all diese Ergebnisse sowohl bei Männern als auch bei Frauen nachgewiesen wurden, berichten Frauen in der Regel über eine höhere Anfälligkeit für Ekel. Die Ekelempfindlichkeit kann also systematisch zwischen Individuen variieren.

Ekel, Körpergerüche und romantische Beziehungen

Aufgrund des Zusammenhangs zwischen Körpergeruch und Beziehungen stellt sich nun die Frage, ob das mit Ekel verbundene Vermeidungsverhalten unbewusst auch regulieren kann, wie stark oder schwach der Wunsch nach Nähe zu einem romantischen Partner ist. So könnte es vielleicht bei Personen mit vermeidenden Bindungsstilen so sein, dass ihre erhöhte Ekelempfindlichkeit gegenüber Körpergerüchen schließlich auch ganz grundsätzlich dazu führt, dass sie Nähe vermeiden.

Forscher konnten bereits nachweisen, dass die Ekelempfindlichkeit verbunden ist mit einer allgemeinen Tendenz, etwas zu vermeiden – eben auch, wenn es sich dabei grundsätzlich um positive Reize handelt. Studienteilnehmer, die empfindlicher gegenüber Ekel waren, zeigten auch insgesamt mehr Vermeidungsverhalten, selbst wenn es sich nicht um einen ekelerregenden Reiz handelte. Dies hat gravierende Auswirkungen für Personen mit höherer Ekelempfindlichkeit: ihre generellen Vermeidungstendenzen könnten dazu führen, dass sie Chancen verpassen, vielleicht sogar in ihren engen Beziehungen.

Wir wissen, dass der Körpergeruch des Partners (also der erwachsenen Bezugsperson) zum Stressabbau führt, sowohl subjektiv als auch körperlich. Forscher konnten aber auch nachweisen, dass Personen mit unsicheren Bindungsstilen mehr körperlichen Stress empfanden, wenn sie den Körpergeruch ihres Partners rochen. Offenbar konnten sie nicht von den positiven Effekten des partnerschaftlichen Körpergeruchs profitieren, wie dies bei den Teilnehmern mit sicherer Bindung der Fall war.

Zusammengenommen deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass der Körpergeruch des Partners (also der erwachsenen Bezugsperson) bei Menschen mit unsicherer Bindung negative Emotionen auslösen kann.

Die vorliegende Studie

Aus diesen unterschiedlichen Forschungsbereichen geht hervor, dass ein vermeidender Bindungsstil verbunden sein könnte mit einer höheren Ekelempfindlichkeit gegenüber Körpergerüchen. Aus früheren Forschungen ist unklar, wie die Art dieser Beziehung funktionieren könnte: ob der Bindungsstil nun die Ekelempfindlichkeit beeinflusst oder umgekehrt. Diese Studie wollte auch diese Frage beantworten.

Da frühere Forschungen einen Hinweis gegeben haben, dass die Ekelempfindlichkeit systematisch zwischen verschiedenen Formen von Ekel variieren kann, wurden in unserer Studie deshalb auch mehrere Formen von Ekel untersucht. Die Hypothese lautet, dass Teilnehmer mit einem unsicher-vermeidenden Bindungsstil mehr Ekel empfinden als Teilnehmer mit einem sicheren Bindungsstil.

Methode

Bei den Teilnehmern handelte es sich um 401 Psychologiestudenten im Grundstudium, die überwiegend weiblich (81,5 %) und heterosexuell (81,8 %) waren. Die Teilnehmer waren zwischen 17 und 70 Jahre alt, das Durchschnittsalter lag bei 21 Jahren. Alle wurden zwischen März und Juni 2020 rekrutiert.

Die Teilnehmer füllten die Umfrage online in ihrer eigenen Zeit aus, was im Schnitt 20 Minuten dauerte. Vor Beginn der Umfrage wurde den Teilnehmern eine Erklärung vorgelegt, in der der Zweck der Studie erläutert wurde. Nachdem sie ihre Einwilligung erteilt hatten, füllten die Teilnehmer einige Fragebögen aus:

  • Fragen zu ihrer Demografie und zu ihrer Beziehungshistorie, z.B. aktueller Status, längste Beziehung, Anzahl der Beziehungen.
  • Fragen zu den Erfahrungen in engen Beziehungen, aufgrund derer die Teinehmer in verschiedene Bindungstypen eingeteilt wurden.
  • Skala zur Ekel-Empfindlichkeit in drei Bereichen: Ekel im pathogenen Bereich (z.B. auf einen Hundehaufen treten), Ekel im sexuellen Bereich (z.B. Oralverkehr) und moralischen Ekel (z.B. einen Freund betrügen). Die Werte in den einzelnen Bereichen wurden dann zusammengefasst, um die allgemeine Ekel-Empfindlichkeit zu bestimmen.
  • Skala zum Empfinden von Ekel bei Körpergeruch. Zu diesem Block gehörten Aussagen wie „Sie sind allein zu Hause und bemerken, dass Ihre Füße stark riechen.“
  • Fragen zum Empfinden von Ekel beim Anblick verschiedener Bilder, die präsentiert wurden: darunter eine Toilettenschüssel mit Urin am Rand, ein männliches oder weibliches Sportshirt mit Schweißflecken (je nach der zuvor angegebenen sexuellen Präferenz), ein Paar geschlechtsneutrale verschwitzte Socken oder ein Paar geschlechtsneutrale Füße.
  • Fragen zum Empfinden von Ekel, wenn ein Teilnehmer bestimmten Quellen von Körpergeruch des Partners/Ex-Partners ausgesetzt ist, z.B. dem Sportschweiß, dem Morgengeruch.

Ergebnisse

Das Ziel der Studie bestand darin, zu untersuchen, ob sich die Empfindlichkeit für Ekel zwischen den verschiedenen Bindungsstilen unterscheidet. Es hat sich gezeigt, dass die Teilnehmer der unsicher-ambivalenten Gruppe und der unsicher-vermeidenden Gruppe einen wesentlich geringeren moralischen Ekel empfinden als die Teilnehmer der sicheren Gruppe. Auch in anderen Studien wurde diese Beobachtung gemacht, dass es einen Zusammenhang zwischen Bindungsvermeidung und eingeschränkter Empathie gibt. Für Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil ist es unangenehm, ihre Fürsorge für andere zu zeigen. Diese verminderte Fürsorge hat vermutlich etwas damit zu tun, dass sie auch gegenüber moralischen Verstößen anderer Menschen mit weniger Abscheu reagieren.

Wie vorher vermutet, bewerteten die Teilnehmer mit einem unsicher-vermeidenden Bindungsstil den Körpergeruch ihres Partners deutlich ekelerregender als die Teilnehmer der übrigen drei Bindungsgruppen den Körpergeruch des Partners einschätzten. Dieses Ergebnis ähnelt früheren Forschungsergebnissen, in denen Teilnehmer mit einem unsicheren Bindungsstil ein erhöhtes körperliches Stressempfinden hatten, wenn sie den Körpergeruch ihres Partners schnuppern. Für Personen mit unsicherer Bindung scheint das Riechen am Körpergeruch des Partners also eher keine Bedeutung zu haben – dies gilt insbesondere für die Gruppe der unsicher-vermeidenden Bindung.

Die Forscher hatten erwartet, dass die Teilnehmer den Körpergeruch ihres Partners weniger eklig bewerten würden als den Körpergeruch von Fremden, da man ja durch den wiederholten Kontakt mit dem Körpergeruch des Partners vertrauter damit wird. Es zeigte sich allerdings, dass die Teilnehmer der unsicher-vermeidenden Gruppe den Körpergeruch ihres Partners und den von Fremden ähnlich einschätzen – unabhängig vom Geschlecht der Teilnehmer.

Im Gegensatz dazu (und wie erwartet), empfanden die Teilnehmer der drei anderen Gruppen (sicher, unsicher-ambivalent und unsicher-desorganisiert) den Körpergeruch ihres Partners deutlich weniger ekelig als den Körpergeruch von Fremden. Daher ist es überraschend, dass nur die unsicher-vermeidende Gruppe hier keinen Unterschied empfindet.

Eine Erklärung dafür könnte sein, dass Menschen mit einem unsicher-vermeidenden Bindungsstil in ihren Beziehungen körperlichen Kontakt stärker vermeiden. Infolgedessen sind diese Menschen möglicherweise weniger vertraut mit dem Geruch ihres Partners und zeigen daher mehr Ekel. Diese Erklärung wird durch andere Forschung gestützt, wonach eine höhere Ekelempfindlichkeit generell mit mehr vermeidendem Verhalten verbunden ist.

Auf der anderen Seite zeigen die Ergebnisse der aktuellen Studie auch, dass es zwischen den Bindungsgruppen keine Unterschiede gibt in Bezug auf sexuelle Aktivitäten mit dem Partner oder auf den Umfang, sich dem Körpergeruch des Partners auszusetzen. Darüber hinaus ist bekannt, dass Menschen mit stärkerer Bindungsvermeidung typischerweise mehr kurzfristige sexuelle Beziehungen eingehen und daher ebenso geneigt sind, sexuelle Intimität mit ihren Partnern zu pflegen. Also kann ein Mangel an Vertrautheit mit den Körpergerüchen des Partners diese Auffälligkeit nicht vollständig erklären.

Eine alternative Erklärung für den größeren Ekel der unsicher-vermeidenden Gruppe gegenüber den Körpergerüchen ihrer Partner ist, dass der Ekel eine Begleiterscheinung der verringerten emotionalen Intimität in ihren Beziehungen ist. Dass die Teilnehmer der anderen drei Bindungsstile (sicher, unsicher-ambivalent und unsicher-desorganisiert) den Körpergeruch ihres Partners als weniger ekelerregend beschreiben als die Körpergerüchen von Fremden, könnte nicht nur an der Vertrautheit liegen – sondern eben auch daran, dass sie den Körpergerüchen ihres Partners positive Gefühle zuschreiben.

Im Vergleich dazu haben Personen mit unsicher-vermeidender Bindung typischerweise ein tief verwurzeltes Misstrauen gegenüber ihren Bezugspersonen. Sie neigen dazu, ihren Kummer zu verinnerlichen, und weigern sich im Großen und Ganzen, sich auf die Unterstützung anderer zu verlassen. Daher ist die Bezugsperson (also der Partner) auch weniger in der Lage, bei Bedarf Unterstützung, Rückversicherung und Trost zu spenden. Personen mit unsicher-vermeidender Bindung sind durch ein hohes Selbstwertgefühl gekennzeichnet und lehnen die Bitte um Intimität häufig ab. Vielleicht sind sie sich auch ihres eigenen Körpergeruchs stärker bewusst. Oder ihr eigener Körpergeruch löst emotionale Reaktionen wie Abscheu, Freude oder Trost und Fürsorge aus. Diese Fragen kann hoffentlich zukünftige Forschung beantworten.

Darüber hinaus haben andere Forscher bereits gezeigt, dass Ekel gegenüber den Körpergerüchen des Partners ein Zeichen für eine Beziehungsstörung sein kann. Daher hat es die Forscher auch nicht überrascht, dass die unsicher-vermeidende Gruppe weniger ernsthafte Beziehungspartner und eine geringere Beziehungsdauer hatte als die sichere Gruppe. Diese Ergebnisse entsprechen der bekannten Forschung, die hervorhebt, wie sich ein vermeidender Bindungsstil negativ auf die Anbahnung und Aufrechterhaltung von Beziehungen auswirkt.